Eichenprozessionsspinner...
...und alles wird panisch!
Begründet? Nun, um das zu beurteilen, gebe ich ihnen mal vernünftiges Wissen mit an die Hand, die sich von der panischen Hysterie und den reißerischen Artikeln abgrenzen.
ursprünglich veröffentlicht auf meiner alten Homepage am 23.06.2019
Der Schmetterling
Der Eichenprozessionsspinner ( (Thaumetopoea processionea) ist ein Schmetterling, ein Nachtfalter aus der Familie der Zahnspinner (Notodontidae) und eigentlich völlig harmlos.
Er ist aus dem südlichen Raum eingewandert und hier nun offensichtlich mittlerweile, auch im Bergischen Raum, heimisch geworden.
Die Raupe
Nicht der erwachsene Nachtfalter ist das Problem sondern seine Raupen.
Die Raupe ist sehr gesellig und lebt in größeren Gruppen, meist ab 20 Tieren in sogenannten Nestern, quasi auf Hautkontakt dicht zusammen.
Wenn diese Raupen, fast immer zum am Abend, die Position wechseln, tun sie das in Reihe, wie eine Prozession und daher hat sie ihren Namen.
Zu finden sind sie fast ausschließlich auf Eichen und hier besonders gerne in warmer und sonniger Waldrandlage aber auch vereinzelt auf Hainbuchen sind sie ansassig.
Um sich vor Fressfeinden zu schützen, haben diese Raupen ( ab dem dritten Lebensstadium, siehe Bild ) lange und weiße Brennhaare mit Widerhaken am ganzen Körper, die wiederum mit einem Nesselgift namens Thaumetopoein "gefüllt" sind, quasi wie das Funktionsschemata der Brennessel.
Kommt ein Lebewesen nun mit diesen Haaren in Kontakt, kann das eine Raupendermatitis , eine Lepidoterose auslösen.
Das ist, wie bei der Brennessel, eine ( für nicht hochgradige Allergiker) ungefährliche aber definitiv unangenehme Reaktion der Haut, da dieses Nesselgift die Proteine der Haut angreift... quasi wie eine Säure.
Leider brechen diese Haare auch gerne schnell ab und fliegen durch die Luft davon. Mensch und Tier können sie einatmen. Es kommt zu unangehnem Halskratzen und einer eventuell unangenehmen aber harmlosen Reaktion der Haut aber im Normalfall mehr nicht.
Tja, aber wie erklären sich dann die Horrorbilder von lebensbedrohlichen Zuständen, von abgestorben und weggefressenenn Hautpartien der Zunge bei Hunden und Katzen, die im Internet kursieren?
Wie bei allem, macht es die Masse.
Wie sagte schon Paracelsus: " alles ist Gift, es kommt nur auf die Dosis an."
Wie schon beschrieben, leben die Raupen in dicht gedrängten Gruppen, den Nestern, in den Bäumen zusammen. In diesen Nestern kommt es auch zu den Häutungen auf dichtem Raum. Die Raupen kriechen dann weg und die abgeworfenen Häute mit den, leider immer noch sehr lang aktiven, Brennhaaren bleiben zurück.
Durch die Witterungseinflüsse können dann diese Nester zu Boden fallen, die sogar noch im Winter einen gefährlichen Hotspot darstellen.
Kontakt mit den Haaren
Wie schon beschrieben, leben die Raupen in dicht gedrängten Gruppen, den Nestern, in den Bäumen zusammen.
In diesen Nestern kommt es auch zu den Häutungen auf dichtem Raum. Die Raupen kriechen dann weg und die abgeworfenen Häute mit den, leider immer noch sehr lang aktiven Brennhaaren, bleiben zurück.
Die Brennhaare brechen, wie bereits gesagt, leicht ab.
Menschen bekommen nach Kontakt mit diesem umherfliegenden Haaren die Raupendermatitis, die auf dem Bild zu sehen ist. Bei unseren Tieren ist diese Dermatitis eher selten, da die Brennhaare nicht gut durch das Fell kommen.
Zudem können durch die Witterungseinflüsse die Nester zu Boden fallen, die sogar noch im Winter einen gefährlichen Hotspot darstellen.
Durch die extrem hohe Konzentration an Haaren, die nach wie vor ihre Funktion erfüllen, sind diese Bündel an verdichteten Häuten der Raupen wirklich gefährlich, besonders für die "Neugiernasen" an Hund und Katze.
Diese stupsen nicht nur ihre Nase daran und atmen dann die Brennhaare massiv ein, oft nehmen sie diesen Ball auch komplett in das Maul!!
Das ist natürlich, aufgrund der immensen Ausschüttung des Nesselgiftes auf kleinsten Raum, der Lage ( zuschwellen der Atemwege ) und dann auch noch auf so feine Schleimhäute, höchst gefährlich.
Hier kommt es zu Verätzungen und mit fortschreitender Zeit zu Läsionen der betroffenen Haut! Das Gift "frißt" Löcher in die Haut.
! Die Symptome sind KEINE allergische Reaktion aber es kann sich, nach einem Zweitkontakt mit dem Nesselgift, eine ergeben!
Je nach Dispostion des Tieres und vor allem, wie lange der Tierhalter mit dem Besuch beim Tierarzt gewartet hat, kann es auch zum zerfressen und Absterben von Hautarrealen, die ganz massiv mit dem Gift infiltriert wurden, kommen.
Das ist eher selten und NICHT DIE REGEL.
Faktor Zeit ist sehr, sehr wichtig!!!
Handelt man beim ersten Auftauchen der Symptome bzw beim ersten Verdacht schnell und sucht umgehend einen Tierarzt (!!!!) auf.....
....ist ein massives zerfressen Absterben von Hautpartien, wie in den Horrorbildern im Internet ( wo die Besitzer mindestens 3 Tage gewartet haben...) , eher äußerst unwahrscheinlich.
Verhalten in der Natur und bei Symptomen
Halten sich sich grob schon an folgendes:
Gehen sie mit offenen Augen durch die Natur , vor allem durch potentielles Raupengebiet. Lassen sie das Handy einfach mal in der Tasche oder zu Hause ;-) und schützen sie dadurch sich und ihr Tier.
MEIDEN SIE bereits im Vorfeld gekennzeichnete Bereiche bzgl. des Eichen-Prozessionsspinners.
Beobachten sie ihren Hund, wenn er unangeleint seine Runden zieht und rufen sie ihn, bei Verdacht, sofort ab und kontrollieren sie die interessante Stelle.
Nicht abrufbare Hunde sollten im Wald, insbesonders bei Eichen, einfach an der Leine bleiben. Nicht unbeaufsichtigt streunen lassen.
Kam es trotz allem zum Kontakt, bitte ruhig und besonnen handeln!! Panisches Verhalten macht ihr Tier nur noch aufgeregter und durch fahriges anfassen lösen sich nur mehr und mehr Haare.
Bei Kontakt achten sie auf Selbstschutz:
spülen sie ihr Tier mit Wasser ab, ab besten im Garten.
Unterwegs spülen sie das Maul mit Wasser aus.
NICHT das Spülwasser trinken lassen!
Kontrollieren sie ihr Tier viertelstündlich auf beginnende Kontaktverletzungen: rötliche Stellen, die größer werden etc. und beobachten sie sich auch selber !
Finden sie Auffälliges im/ am Maul, Pfoten etc, atmet ihr Tier schwerer, bekommt es Fieber >> SOFORT TIERARZT!!!
Ist ein eventueller Kontakt unbemerkt geblieben, achten sie nach einen Spaziergang, je nach Lage des Kontaktarreals, auf folgende mögliche Symptome:
- Schnauze / Nase wird am Boden, Teppich, Wand oder sonstwo gerieben
- starker Juckreiz
- örtliche Quaddeln
- generalisierte Nesselsucht , also Quaddeln am ganzen Körper
- rötliche Stellen, die immer größer und werden, als wenn etwas dort die Haut zersetzt
- Raupendermatis
- entzündete Arreale, die wie verätzt aussehen und mit der Zeit zusehends größer und schlimmer werden und auch teilweise verkusten
- Zunge / Maulhöhle / Kopf sind angeschwollen
- Mund- und Nasenschleimhaut sind gereizt
- starker Speichelfluß, schmatzen, ständiges schlucken
- "räuspern"
- Brech - Würgereiz
- Atmung ist erschwert ( zieht beim atmen hörbar die Luft ) bis hin zur massiven Atemnot
- hustet ständig
- gerötete Bindehäute der Augen
- Fieber
- Kreislaufprobleme
- allergischer Schock
zudem achten sie auch bei sich auf diese Symptome nach einem Gang durch potentielles Raupengebiet.
So, ich hoffe, ich konnte nun ein wenig auf- und erklären!
Sicher, die Raupen sind ärgerlich aber ob es ein ernsthaftes oder gar bedrohliches Problen wird, liegt definitiv an euch Besitzer.
ZEIT und Aufmerksamkeit ist hier ein ganz ausschlaggebender Faktor!
Ich gebe hier, ganz bewußt, keine Medikamente aus meinem Bereich preis, denn das gehört definitiv nicht in die Hände eines Laien. Sucht zuerst einen TA auf und macht euren Verdacht auf Raupenkontakt sehr, sehr deutlich.
Meldet einen eventuellen Befall dem Grünflächenamt der Stadt, Feuerwehr oder auch dem Ordungsamt, die kümmern sich dann.
Aber macht bitte vor allem eins nicht:
tötet nicht jede Strubbelraupe nur auf Verdacht!
99,999 % sind nämlich absolut harmlos und später, als eh schon selten gewordenen Schmetterlinge, wunderschön.